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Achtsamkeit liegt im Trend. Jeder scheint etwas darüber zu wissen, ob er nun etwas in der Zeitung darüber gelesen hat, einen Vortrag über möglichen Stressabbau gehört hat oder sogar der einen oder anderen Übung begegnet ist. Aber wissen wir wirklich was Achtsamkeit eigentlich ist? Geht es um Entspannung? Geht es darum den Geist zur Ruhe zu bringen und nichts mehr zu denken? Kann Achtsamkeit uns mit einem Schlag glücklich und zufrieden machen?

Seit Achtsamkeit in den 90er Jahren ihren Einzug in die westlichen Kultur angetreten hat, sind eine Menge Gerüchte und Ideen rund um das Thema entstanden. Im Augenblick scheint sie DIE Antwort auf Stress und Depressionen schlechthin zu sein. In Wirklichkeit ist Achtsamkeit aber ein alter Hut. Mönche und Yogis praktizieren sie in Tibet, Indien und Nepal schon seit über 3.000 Jahren. Achtsamkeit ist aber keineswegs eine religiöse Praxis. Man muss an nichts glauben, um sie anwenden können, oder gar einem Lehrer oder Guru folgen. Achtsamkeit ist ganz einfach eine Fähigkeit unseres Geistes. Eine, die wir Tag für Tag bereits anwenden.

Beispiel gefällig? – Stell dir vor du schenkst dir kochen heißes Wasser ein, um dir eine Tasse Tee zu machen. Wie würdest du gehen, wenn du nun diese Tasse zum nächsten Tisch tragen möchtest? Genau, sehr achtsam, denn schließlich würdest du dir die Finger nicht verbrühen wollen. Du wärst dir wahrscheinlich jeden Schrittes und jeder Bewegung deines Körpers bewusst. Das gleiche gilt, wenn wir bei Nacht auf einer vereisten Straße fahren. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre deine ganze Aufmerksamkeit beim Autofahren, beim Blick auf die Straße, bei den Bewegungen deines Wagens. Der Achtsamkeit begegnen wir im Alltag oft, egal ob wir balancieren, eine Nadel einfädeln oder unsere ganze Aufmerksamkeit einem schönen Lied widmen.

Wie jede andere Fähigkeit auch, können wir Achtsamkeit üben. Sie ist wie ein Muskel, der stärker wird, wenn wir ihn trainieren, und schwächer, wenn wir ihn vernachlässigen. Die Achtsamkeitsmeditation ist nichts anderes als ein Training für diesen Muskel. Ein Muskel, der einiges zu unserem Glück beitragen kann, wenn er den gesund und kräftig ist.

Achtsamkeit, das ist die Fähigkeit unsere Aufmerksamkeit auf eine Sache oder Erfahrung zu richten, die wir gerade erleben. Wenn wir achtsam sind, können wir nicht gleichzeitig unseren Tagträumen oder Fantasien nachhängen. Wir können uns auch nicht in Gedanken über die Vergangenheit oder die Zukunft verlieren. Stattdessen sind wir ganz für das präsent, was sich uns in der Gegenwart zeigt. Das reicht von unseren körperlichen Empfindungen, über die sinnlichen Erfahrungen, über unsere Präferenzen, Stimmungen, Geisteszustände bis hin zu Gedanken, Emotionen Ideen und Impulsen, die sich im Geist abspielen.

Wir lernen für das da zu sein, was sich im Innen und Außen abspielt. Wir lernen jedem Aspekt unseres Lebens mit Neugier zu begegnen.

Achtsamkeit wird oft mit dem “Anfängergeist” in Verbindung gebracht. Das ist ein Geist, der die Welt weniger durch die Linse dessen sieht, was er schon alles weiß, und stattdessen die Welt noch einmal ganz neu für sich entdecken mag. Wir machen unsere Erfahrungen sozusagen noch einmal.

 

Auf eine nahezu kindliche Weise fragen wir: wie ist es eigentlich zu atmen? Wie fühlt es sich an eine Tasse Tee zu trinken? Wie fühlt sich Ärger an? Woher weiß ich eigentlich dass ich gestresst, dass ich müde, dass ich verliebt, dass ich krank bin?

Nun mag die völlig berechtigte Frage auftreten: Wozu das Ganze? Warum sollte ich der Welt noch einmal ganz neu begegnen? Es hat schließlich lange genug gedauert sie beim ersten Mal zu erkunden!

Bei genau dieser Erkundung in unserer Vergangenheit haben wir eine Menge Informationen gesammelt: Konzepte, Ideen, Wertungen, über alles und jeden. Aus diesem Haufen an Ansichten, Glaubenssätzen und Vorstellungen haben wir uns ein ganz dichtes Netzwerk gestrickt, durch das wir die Welt betrachten und unsere Erfahrungen bewerten. Dieses Netzwerk bestimmt, was wir gut und schlecht, angenehm und unangenehm finden – und wie wir darauf reagieren.

Das wäre soweit kein Problem – wären wir rundum zufrieden und glücklich. Da die meisten von uns allerdings im einen oder anderen Bereich ihres Lebens Herausforderungen, Stress oder Unzufriedenheit erleben, mag es notwendig sein einige dieser Vorstellungen und Gewohnheiten zu überdenken. Wir wollen schließlich nicht an etwas festhalten, was uns unglücklich macht!

Wenn wir heilsame und hilfreiche Antworten auf unsere Schwierigkeiten finden wollen, müssen wir neue Wege finden mit ihnen umzugehen. Dazu lösen wir uns von unseren gewohnten Ansichten und schauen mit Hilfe der Achtsamkeit noch einmal ganz genau hin. Was geht da genau vor sich? Wie reagiere ich auf die Herausforderungen? Was genau löst Stress, Kummer oder Sorge aus? Welche Ansichten und Glaubenssätze spielen eine Rolle? – das Beobachten mit Hilfe von Achtsamkeit und Neugier kann uns ganz erstaunliche Dinge zeigen, die uns das Leben leichter machen und zu unserem Glück beitragen.

Wie genau kann Achtsamkeit uns dabei helfen einen Umgang mit Stress und Schwierigkeiten zu finden?

Wenn wir der Welt und unseren Erfahrungen mit Achtsamkeit begegnen hat das eine sofortige Auswirkung auf unseren Geist. Wenn wir unachtsam sind, dann reagieren wir ganz impulsiv auf jeden Reiz, mit dem wir konfrontiert werden. Jemand schreit uns an – wir werden selbst aggressiv und reagieren entsprechend. Wir sehen etwas, das wir wollen – wir suchen nach Mitteln und Wegen es zu bekommen. Wir verspüren Langeweile oder Unruhe – wir suchen nach Möglichkeiten uns abzulenken. Diese gewohnheitsmäßigen Muster halten uns in einem andauernden Spiel von Impuls und Reaktion gefangen.

Achtsamkeit zeigt uns, wie anstrengend dieses Spiel ist. Und sie kann uns dabei unterstützen ihm ein Ende zu setzen. Wir beginnen unsere Gefühle und Gedanken mit mehr Klarheit und Genauigkeit wahrzunehmen. Das hilft uns dabei ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, was uns gut tut – und was nicht. Achtsamkeit schafft eine Sicherheitszone rund um intensive Gefühle und Stimmungen. Was unter anderen Umständen die Kraft hätte uns in impulsive Reaktionen zu tragen wird von Achtsamkeit umgeben und kann darin zur Ruhe kommen und ausklingen.

Wenn wir schwierige Erfahrungen aus sicherer Entfernung beobachten können, dann haben diese Regungen nicht länger die Kraft unsere Reaktionen zu bestimmen. Wir gewinnen also durch Achtsamkeit ein Stück Freiheit zurück. Die Freiheit unsere Handlungen von Mitgefühl und Freundschaft für uns selbst und andere leiten zu lassen.

Achtsamkeit ist ein mächtiges Werkzeug, wenn wir unser Glück und unsere Zufriedenheit in eigene Hände nehmen möchten. Sie erlaubt uns ein Glück, dass nicht abhängig ist von äußeren Umständen, sondern von der Beschaffenheit unseres ganz eigenen Denkens und Handelns. Wir können uns überall und unter allen Umständen in Achtsamkeit üben. Sie wird dadurch zu einem treuen Begleiter in allen Lebenslagen. Es warten auf uns so einige Einsichten und Erkenntnisse über uns selbst und die Welt uns umgibt – es gilt sie mit Hilfe der Achtsamkeit zu entdecken!

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